„Wie können Kanzlei/Unternehmensstrukturen aussehen, um eine zeitgemäße Arbeitsumgebung für Männer und Frauen zu bieten?“
Gewinnerinnen des „Promoting the Best Award“ diskutierten bei einem virtuellen Networking welche Kanzlei/Unternehmens-Strukturen eine Chancengleichheit ermöglichen. Mit dem Business Breakfast wurde die Diskussion des Woman in Law Lunch vom September fortgesetzt. Ergebnis war hier, das Gleichstellung oft an überholten Strukturen scheitert. Dieses Thema wurde nun beim Networking Breakfast vertieft. Sophie Martinetz von Future Law moderierte die spannende Diskussionsrunde, bestehend aus Vertreterinnen von Kanzleien und Unternehmen.
Mag. Alexandra Jirovksy, M.B.L. (Executive Vice Präsident Legal Services bei Kapsch TrafficCOm AG) wünschte, dass die Chancengleichheit das Ziel auf dem Weg der Gleichberechtigung sei. Sie ist überzeugt, dass ein Unternehmen, das die diverse Gesellschaft auch in der Belegschaft abbildet nach außen hin als attraktiver Arbeitgeber und Geschäftspartner wahrgenommen wird. Mag. Julia Fritz (Managing Partnerin PHH Rechtsanwälte) plädierte dafür, dass die täglichen Entscheidungen, die im Berufsalltag getroffen werden losgelöst vom klassischen Rollenverständnis getroffen werden. Der Blick müsse sich mehr auf das Individuum richten, anstelle der vermeintlichen Rolle, die hinter dieser Person steht. Am Beispiel von PwC Legal Austria berichtete Dr. Ursula Roberts (Partnerin bei PwC Legal Austria), dass bei der Neugründung der Business Unit ein ausgeglichener Anteil von Juristen und Juristen von Anfang an eine Selbstverständlichkeit war. Das Unternehmens-Netzwerk biete viele Modelle, die die Umsetzung solcher Strukturen leicht machen wie beispielsweise Teilzeit-Arbeitsverhältnisse und eine sehr gute technische Ausstattung, die Home Office schon vor COVID zur Selbstverständlichkeit gemacht habe.
Auch Susanne Mortimore (Geschäftsführerin LexisNexis) sieht Diversität als wichtigste Säule und berichtete, aus der Sicht eines globalen Unternehmens. Der Frauenanteil in Führungspositionen sei hier sehr hoch sei, aber man treffe noch immer auf Stereotypen, die die Atmosphäre der Diversität beeinträchtigen. Mag. Julia Fritz erinnerte daran, dass Männer nach wie vor mehr in die Verantwortung genommen werden müssten. Eine Anwältin die ein Kind bekommt tue sich schwerer mit dem Arbeitgeber und Mandanten Lösungen zu finden, wie die Zusammenarbeit in gleicher Qualität in allen Phasen aufrecht erhalten werden kann. Männern müssten sich solche Fragen nicht stellen, wenn sie Vater werden. Auch begegnen Frauen noch immer Vorbehalten „aus den eigenen Reihen“ und müssen sich mit Stereotypen wie „am Anfang braucht das Kind die Mutter“ auseinandersetzen.
Die Diskussionsrunde war sich einig, dass es bereits viele Beispiele auf Seiten der Unternehmen und Kanzleien für die geeigneten Strukturen gäbe. Genannt wurden flexible Arbeitszeiten, 4 Tage Woche, Teilzeitmodelle und das Angebot einer flexiblen Kinderbetreuung für Notfälle. Dies sei aber noch nicht überall Selbstverständlichkeit. Gemeinsamer Tenor war auch, dass zusätzlich zu geeigneten Strukturen eine aktive Planung von beiden Seiten den Wiedereinstieg nach der Karenz erleichtere. „Wir müssen den Frauen aktiv Chancen bieten“ So Susanne Mortimore von LexisNexis. Dabei sei es wichtig, die Rückkehrerinnen zu fördern und unabhängig von der Stundenzahl Trainings und Chancen für die langfristige Weiterentwicklung anzubieten.
Die Diskussion hat auch ergeben, dass in Kanzleien bereits viele Prozesse in Gang gesetzt wurden, es aber noch immer Zeit braucht, bis deren Auswirkungen positiv zu spüren sind. Angesprochen wurden Vergütungsmodelle, die auf Pauschalen basieren, anstelle von anrechenbaren Stunden. Damit einhergehend ein Umdenken zu output-getriebener Beurteilung anstelle von Input.
Ebenso sollte grundsätzlich die Flexibilität der Arbeitszeiten in Kanzleien in Frage gestellt werden und Strukturen geschaffen werden, von der alle Mitarbeiter profitieren. Die jüngere Generation der Juristen würde bereits aktiv einfordern, dass ein Arbeitstag nicht grundsätzlich um 20 Uhr zu Ende ist, sondern auch ein gelegentlicher Feierabend um 17 Uhr von den Kolleginnen und Kollegen werden müssen.
Im Anschluss an die Diskussion wurden in Break Out Rooms die Punkte der Diskussionsrunde vertieft. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Vorbilder einen entscheidenden Einfluss darauf haben, wie sich Strukturen in Unternehmen entwickeln. Auch sollten Unternehmen proaktiv mit verschiedenen Angeboten auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugehen, möglichst schon im Einstellungsgespräch, um den Karriereweg aktiv zu begleiten und so hochqualifizierte Mitarbeiterinnen zu halten. Dabei spielt eine offene Kommunikation auf beiden Seiten von Anfang an eine entscheidende Rolle. 2021 soll die Reihe fortgesetzt werden.