LexisNexis-Autor Univ.-Prof. MMag. Dr. Martin Trenker ist Leiter des Instituts für Zivilgerichtliches Verfahren der Universität Innsbruck und Autor zahlreicher Publikationen zum Zivilprozess-, Insolvenz- und Unternehmensrecht. Der neue Schriftleiter der Zeitschrift ZIK, Zeitschrift für Insolvenzrecht, verrät im Interview mit LexisNexis, warum man als Rechtswissenschaftler- in bescheidenem Umfang – das Privileg hat, Dinge zu verändern, was er Studierenden mit auf den Weg geben möchte und was ihn selbst zum Schreiben motiviert.
LexisNexis: Herr Prof. Trenker, wir freuen uns sehr, dass Sie seit 2023 als Co-Schriftleiter der ZIK die aktuellsten Entwicklungen zum Insolvenzrecht auf den Punkt bringen! Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Martin Trenker: Das Insolvenzrecht hat mich bereits als Student am meisten von allen juristischen Fächern fasziniert; an der Schnittstelle vom materiellen Recht und Verfahrensrecht, noch dazu mit einer Vielzahl involvierter Personen und Interessen, bietet dieses Rechtsgebiet schlicht immens schwierige und damit spannende Fragen. Die ZIK ist die einzige insolvenzrechtliche Fachzeitschrift, was wohl vor allem den Grund haben dürfte, dass ihre herausragende Qualität nie „Platz“ für eine Alternative ließ. Als mir daher die Gelegenheit angeboten wurde, mich bei der Weiterführung und Fortentwicklung einer solchen Zeitschrift mit Alleinstellungscharakter in „meinem Lieblingsrechtsgebiet“ einbringen zu dürfen, war die Entscheidung daher eigentlich schon gefallen. Dass die Schriftleitung weiterhin federführend in den Händen von Andreas Konecny liegt, der meine allergrößte fachliche Wertschätzung genießt und dem ich mich auch freundschaftlich eng verbunden fühle, hat schließlich alle – ohnehin nur geringfügigen – Zweifel beseitigt.
LexisNexis: Ihr insolvenzrechtliches Wissen bringen Sie Studierenden auch im Skriptum Insolvenzrecht – einem Bestseller unter den Skripten – näher. Welchen Tipp würden Sie Studierenden mit auf den Weg geben?
Martin Trenker: Ratschläge, die einem als Lehrenden über die Jahre durch den Kopf gehen, gibt es irgendwann sehr viele. Wenn ich spontan einen herausgreifen muss, so scheint es mir gerade im Insolvenzrecht besonders wichtig, sich für jede Norm oder Regel, die man im Lehrbuch lernt, zumindest ein Anwendungsbeispiel auszudenken und das im weiteren Studium immer „mitzudenken“. Nur so lässt sich das theoretische Wissen irgendwann zum praktischen Leben erwecken und kann irgendwann der so schwierige Subsumtionsvorgang wirklich verinnerlicht werden.
LexisNexis: Weiters kommentieren Sie im kürzlich erschienenen ABGB Praxiskommentar Band 11 zentrale Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes. Könnten Sie uns die Intention des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes anhand eines konkreten Beispiels kurz erläutern?
Martin Trenker: Macht der „Hilfsarbeiter“ eines Bauunternehmers beim Rohbau einer Luxusvilla einen Fehler, so wird der „Häuslbauer“ vom Bauunternehmer Gewährleistung und/oder Schadenersatz verlangen. Dem Bauunternehmer entsteht dadurch ein Schaden, den er sich wiederum von seinem Hilfsarbeiter ersetzen lassen will. Der Schaden kann dabei rasch ein Vielfaches des Jahreseinkommens des Hilfsarbeiters betragen. Müsste er den vollen Schaden ersetzen, wäre er wirtschaftlich ruiniert (wir wären also ungewollt wieder im Insolvenzrecht), obwohl es sich vielleicht nur um einen Flüchtigkeitsfehler gehandelt hat, der in Wahrheit jedem Bauarbeiter einmal unterlaufen kann. Zudem muss man bedenken, dass typischerweise der Bauunternehmer den Großteil des Gewinns einstreift, den der Bau einer Luxusvilla mit sich bringt, zumindest wenn alles mangelfrei vonstatten geht. Aus all diesen Gründen erachtet es das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz für fair, wenn der Bauunternehmer nur teilweisen oder – bei einer bloßen entschuldbaren Fehlleistung (also „leichtester Fahrlässigkeit“) – gar keinen Ersatz des Schadens von seinem Dienstnehmer verlangen kann.
Dasselbe gilt, wenn ein Dienstnehmer seinen Dienstgeber unmittelbar schädigt, indem er zB Kaffee über den für Homeoffice-Tätigkeiten zur Verfügung gestellten Laptop im Eigentum des Dienstgebers schüttet. Durch eine jüngst ergangene Gesetzesänderung sollen übrigens auch Mitbewohner des Dienstnehmers durch das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz in gleicherweise vor derartigen „Gefahren des Homeoffice“ geschützt werden.
LexisNexis: Abschließend noch eine persönliche Frage: Was motiviert Sie? Was sind Ihre persönlichen Momente im Schreibprozess, die Sie vorantreiben?
Martin Trenker: Ich glaube, es liegt in meiner Persönlichkeit, dass ich auf Fragen möglichst klare und friktionsfreie Antworten suche. Wir alle wissen, dass unsere Welt derart komplex ist, dass dieses Ideal eine Illusion bleiben muss. In der Rechtswissenschaft hingegen, welche ja letztlich ein von Menschen für Menschen konstruiertes Regelungsgefüge zum Gegenstand hat, ist das Auffinden eines widerspruchsfreien Systems zumindest theoretisch möglich. Es fasziniert mich und spornt mich an, Lösungen zu finden, die diesem Anspruch zumindest annähernd gerecht werden und sich dennoch innerhalb der juristischen Auslegungsmethoden zu bewegen.
Zudem hat man als Rechtswissenschaftler das Privileg, von der Rechtsprechung, mitunter sogar vom Gesetzgeber „gehört“ zu werden, und damit – in bescheidenem Umfang – Dinge zu verändern. Setzt man sich dementsprechend mit einer Meinung vor dem OGH „durch“ oder bewegt sogar eine Gesetzesänderung, so sind das ungemein motivierende Momente (natürlich auch für die persönliche Eitelkeit, die wohl letztlich fast jeden Wissenschaftler in mehr oder minder starkem Ausmaß antreibt).
Herr Prof. Trenker, vielen Dank für das Gespräch!
ZIK - Zeitschrift für Insolvenzrecht & Kreditschutz
Alles, was Sie im Insolvenzrecht und Kreditschutz wissen müssen!
Mit dem ZIK-Abo erhalten Sie:
- 6 Ausgaben pro Jahr
- Online-Zugriff auf alle ZIK-Artikel (besonders praktisch für unterwegs und zum Arbeiten im Homeoffice), inkl. Archiv mit allen Artikeln seit 1995
- 20% Rabatt auf ausgewählte ARS-Seminare