Univ.-Prof. Dr. Astrid Deixler-Hübner ist Institutsvorständin am Institut für Europäisches und Österreichisches Zivilverfahrensrecht der Johannes Kepler Universität Linz und Verfasserin zahlreicher Publikationen auf dem Gebiet des Zivilverfahrens- und Familienrechts sowie beigezogene Expertin in Gesetzgebungsverfahren (zB KindRÄG 2001, KindNamRÄG 2013). Sie hält Fachvorträge und Gastvorlesungen an in- und ausländischen Universitäten.
Im Interview mit LexisNexis teilt die Herausgeberin des größten österreichischen Kommentars zum Exekutionsrecht Einblicke ihrer Erfahrung mit.
Warum ist Ihr Spezialgebiet gerade das Zivil(prozess)recht geworden? Was finden Sie daran besonders herausfordernd/spannend?
Zivilverfahrensrecht wird zu Unrecht von den Studierenden zunächst als trocken empfunden, weil es zugegebenermaßen sehr formal ist. Wenn man es aber lebendig anhand von Fällen und Musterschriftsätzen zu real vorkommenden Lebenssachverhalten darstellt, kann sich jeder den Verfahrensablauf gut vorstellen. Ein Zivilverfahren betrifft uns ja – anders als zB das Strafrecht – öfters im täglichen Leben: Man muss hier nur an Fälle wie Streitigkeiten nach einem Autounfall, einen Rechtsstreit um Bezahlung einer (ungerechtfertigten) Forderung, eine Scheidung oder den Erwerb einer Verlassenschaft denken. Hier tauchen eben zB Fragen nach dem Gang des Beweisverfahrens, dem Aussageverweigerungsrecht eines Zeugen, der Höhe und Bezahlung der Verfahrenskosten und der Abschätzung des Prozessrisikos aufgrund der verschiedenen Beweislastregeln auf. |
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Univ.-Prof. Dr. Astrid Deixler-Hübner |
Sie sind unter anderem Herausgeberin des größten österreichischen Kommentars zum Exekutionsrecht. Soeben ist Band 1 des von Ihnen herausgegebenen Kommentars zur Exekutionsordnung erstmals auch in Buchform erschienen, in Kürze erscheinen bereits die nächsten drei Bände. Was interessiert Sie an diesem Rechtsgebiet besonders?
Im Zivilverfahrensrecht wird verhandelt, im Exekutionsverfahren gehandelt. Schließlich ist eine erkämpfte Entscheidung nur so wertvoll, wie sie dann auch sinnvoll umgesetzt werden kann. Auch hier gibt es unterschiedliche Exekutionsarten: Die Vollstreckung kann zB auf Fahrnisse des Schuldners gerichtet sein – etwa indem ein Fahrzeug gepfändet wird –, sich auf dessen Gehalt beziehen oder auf Liegenschaften, die nicht unbedingt sofort versteigert, sondern auch zwangsverwaltet werden können. Schließlich kann auch in sonstige Vermögensrechte des Schuldners vollstreckt werden – wie etwa in Anteile an Gesellschaften, Fruchtgenussrechte, Patent- und Markenrechte oder sogar in eine Internet-Domain. Die Kunst liegt hier darin, das jeweils passgenaue Exekutionsobjekt auszuwählen und auch die jeweils unterschiedlichen Vollstreckungsbeschränkungen genau zu kennen.
Sie sind auch in vielen anderen Rechtsgebieten tätig, beispielsweise im Familienrecht. Was erhoffen Sie sich von der aktuellen Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode?
Seit Jahrzehnten bestehen bereits Forderungen nach der Abschaffung des Verschuldensprinzips im Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht. Österreich ist eines der letzten EU Länder, das die Eheauflösung an den Ausspruch des Scheidungsverschuldens knüpft. Damit sind nicht nur langwierige und kostenintensive Scheidungsprozesse verbunden, in denen das Gericht ohnehin die Schuldfrage meist nicht vernünftig klären kann, sondern es wird dadurch auch die spätere Gesprächsbasis zwischen den Geschiedenen nachhaltig „vergiftet“, was sich besonders tragisch auf das Kindeswohl auswirkt. Die Regierung will nun mit Aufnahme dieser Forderung in ihr Programm einen weiteren Versuch starten, ein verschuldensunabhängiges Scheidungsrecht zu implementieren. Ich hoffe sehr, dass dies nun endlich gelingen wird.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die aktuellsten Werke von Univ.-Prof. Dr. Astrid Deixler-Hübner, inklusive des neuen Exekutionsordnung Kommentars Band 1, finden Sie hier:
https://shop.lexisnexis.at/exekutionsordnung-kommentar-band-1-9783700775249.html
https://shop.lexisnexis.at/scheidung-ehe-und-lebensgemeinschaft-9783700772163.html