Stimme des Monats April
Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Johann Höllwerth im Interview mit LexisNexis über die Notwendigkeit, den Zivilprozess immer zu Ende zu denken, Neuerungen zum Exekutionsrecht und ob man die eigene Karriere planen kann.
Herr Hon.-Prof. Höllwerth, wir gratulieren herzlich zur Ernennung zum Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs! Senat 3 ist für Exekutionsrecht zuständig. Wird der Frage der Durchsetzung von Ansprüchen in Prozessen aus Ihrer Sicht im Rahmen der anwaltlichen Beratung und Expertise genug Zeit gewidmet?
Die siegreiche Partei wird die spätere Durchsetzung eines erfolgreich erstrittenen Anspruchs wohl als geradezu selbstverständliche Konsequenz des Prozessergebnisses verstehen und dieser Aufgabe keine besondere Bedeutung beimessen.
Aus der Sicht des Parteienvertreters wird daher mit der Partei schon am Beginn des Prozesses nicht durch dessen Erfolgsaussichten, sondern bei Zahlungsbegehren selbstverständlich auch die Liquidität des Prozessgegners zu klären und die Partei gegebenenfalls vor einem „Titel ohne Mittel“ zu warnen sein.
Ohne Rechtsschutzdeckung ist auch ein gewonnener Prozess, nach dem weder zugesprochene Leistung noch Kosten einbringlich sind, jedenfalls wirtschaftlich kein überzeugender Erfolg.
Wo sehen Sie häufige Fehlerquellen oder Aspekte, auf die man besonders achten sollte?
Die Formulierung von Zahlungsbegehren ist praktisch problemlos. Auch sonstige Begehren auf Sachleistung oder Herausgabe etwa bestimmter Fahrnisse sollten keine besonderen Schwierigkeiten bereiten.
Einige juristische Umsicht erfordert die sachgerechte Formulierung insbesondere von Unterlassungsbegehren, damit im Fall späterer Exekutionsführung etwa im Wettbewerbsrecht einer vom Verpflichteten angestrebten Exekutionsvermeidung durch Verhaltensvariation erfolgreich begegnet werden kann.
Welche Neuerungen zum Exekutionsrecht sind in näherer Zukunft zu erwarten?
Bereits mit 1. Juli 2021 sollen weitreichende Änderungen der Exekutionsordnung in Kraft treten, deren erklärter Zweck die „Steigerung der Effizienz des Exekutionsverfahrens“ insbesondere bei der Exekutionsführung gegen Unternehmen sein soll.
Durch die Zurückdrängung des Spezialitätsprinzips und damit einer Exekutionsführung als „Gesamtpaket“, soll in einem der Zugriff auf unterschiedliche Vermögenswerte ermöglicht werden, womit dem betreibenden Gläubiger ein schnellerer Exekutionserfolg mit weniger Anträgen ermöglicht werden soll.
Daneben werden aber auch andere Bereiche des Exekutionsrechts überarbeitet, etwa die Vorschriften betreffend die dem Gewaltschutz dienenden einstweiligen Verfügungen.
Richter:in am Obersten Gerichtshof zu werden, ist sicherlich ein Traum vieler (angehender) Jurist:innen. Haben Sie eventuell einen Tipp wie man die eigene Karriere (ob in der Privatwirtschaft, der Verwaltung oder Justiz) planen kann (und auch die Freude an der Tätigkeit behält)?
Dass man im juristischen Bereich, namentlich in der Privatwirtschaft oder auch in der Justiz, eine „Karriere“ wirklich planen kann, bezweifle ich. Vielleicht ist es entscheidend, einen Tätigkeitsbereich zu finden, für den man überdurchschnittliches Interesse zu entwickeln vermag. Dann ist man auch zu überdurchschnittlichem Engagement bereit und zu besonderen Leistungen in der Lage. Das sind dann die besten Voraussetzungen, um sich – wenn man das als Karriere verstehen will – beruflich weiterzuentwickeln und mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut zu werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
HR Hon.-Prof. Dr. Johann Höllwerth ist Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs (OGH) im 3. Senat; Honorarprofessor der Universität Salzburg, Vortragender und Verfasser von Kommentaren u.a. zum Miet- und Wohnrecht sowie zum Exekutions-, Zivilprozess-,Außerstreitverfahrens- und Familienrecht. Außerdem Mitherausgeber des ZPO Taschenkommentars.