Die Corona-Krise wirft viele Fragen im Bereich Arbeitsrecht auf. Arbeitsrechtskoryphäe o. Univ.-Prof. Dr. Franz Schrank stellt seine umfangreiche arbeitsrechtliche Expertise im neuen Podcast-Format zu Ihrer Verfügung und gibt Antworten auf viele Fragen aus der Praxis. Die ersten beiden Folgen der aktuellen Podcast-Reihe „Arbeitsrechtliche Corona-Themen auf neuestem Rechtsstand“ haben bereits mehr als 3.000 HörerInnen erreicht, ein dritter Teil zur Corona-Kurzarbeit wird am 7.4. aufgezeichnet und kurz danach on air gehen. Die „Stimme des Monats“, die neue Rubrik aus dem Hause LexisNexis, kommt daher diesmal von Professor Franz Schrank im Gespräch mit LexisNexis Redaktionsleiter Mag. Michael Schachner. |
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Sehr geehrter Herr Professor Schrank, gemeinsam mit LexisNexis machen Sie gerade eine Podcast-Reihe über die Arbeitsrechtsaspekte der Corona-Krise mit bisher schon über 3000 Hörern. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Auslöser war die Corona-bedingte Absage des für den 23.3. fixierten Spezial-Zusatzwebinars zum Thema Corona. Da sehr viele Betriebe derartige Fachinformationen ohne Zweifel brauchen und auf sie warten, galt es eine schnelle Alternative zu suchen. Dies insbesondere auch für die vielen Kunden und Leser meines von LexisNexis verlegten Standardwerks zum Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht für die betriebliche Praxis. Trotz Rechtsstands 1.1.2020 konnte ich die massive Corona-Krise und die mittlerweile bereits mehrfach novellierten neuen Corona-Gesetze und Verordnungen nicht vorhersehen, da es mir trotz auch Zukunftsorientiertheit meines rechtlichen Denkens an hellseherischen Fähigkeiten fehlt. Bis zum Einarbeiten und Erscheinen-Können aller relevanten Neuerungen im Rahmen der nächsten Aktualisierungslieferung dauert es für viele jetzt zu treffende Entscheidungen schlicht zu lange, auch wenn man diese jedenfalls das restliche heurige Jahr noch zur Präzisierung und Absicherung brauchen wird.
Keine realistische Alternative war daher die bloße Terminverschiebung. LexisNexis und ich suchten nach einem schnellen Medium, das auf keiner Seite der Beteiligten ein Außer-Haus-Gehen oder die gleichzeitige physische Präsenz mehrerer Personen erfordert. Gefunden haben wir diese Anforderung in der bloß elektronischen Präsenz von Podcasts. Ähnlich Seminaren und Webinaren ermöglichen diese, den Hörern die komplexen und vielschichtigen Inhalte in Bezug auf das gesamthafte Verstehen-Können gut „hinüberzubringen“, auch wenn die sprachliche Perfektion hinter jener des geschriebenen Wortes zurückbleibt.
Gibt es eine interessante Geschichte zum Aufnahmeprozess und/oder zur Ideensammlung des Podcasts?
Gescheitert wären die Podcasts fast am Fehlen eines Headsets (Kopfhörers) – obwohl ich in meinem ständigen „Home-Office“ in Graz (einem bibliotheksähnlich eingerichteten Arbeitszimmer) – über Computer, Bildschirme, Laptop und Smartphone verfüge.
Hier haben Sie, Herr Magister Schachner, rasch, direkt und selbst alles getan, um diese Defizite erfolgreich zu beseitigen. Da Corona-bedingt ein physischer Kopfhörerkauf in Graz ausschied, machten Sie sich auf die Online-Suche nach einem geeigneten Kopfhörer, den ich dann schon am nächsten Tag zugestellt erhielt. Damit hatte ich auch keine „Ausrede“ mehr, nach Technik- und Sprechproben schon am 23.3. nachmittags (dem ursprünglichen Webinartag) die elektronische Fernaufnahme der Podcasts zu machen.
Vorher war freilich noch ein inhaltlicher Foliensatz für die Podcast-Interessenten zu erstellen, der wegen der umfangreichen Novellierungen durch das 2. COVID-19-Gesetz rund um das vorangehende Wochenende und der Auslegungserfordernisse recht mühsam war, aber sich dank Internet über „Parlament aktiv“ gerade noch rechtzeitig ausging.
Möchten Sie uns eine Anekdote aus Ihrer vielfältigen beruflichen Laufbahn (Wirtschaftskammer, Uni, Vortragstätigkeit) erzählen?
Meine berufliche Laufbahn war keineswegs vorgegeben oder gar geradlinig. Manches ging – bisweilen, aber nicht nur – über Umwege, Ecken und Kanten, die mich wohl auch nachhaltig persönlich geprägt haben.
Schon in den ersten Jahren in der Sozialpolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer Steiermark – diese Chance hatte ich über ein Zeitungsinserat und eine Fähigkeitsauswahl aus rund vierzig Bewerbern erlangt – hatte ich fachliche Informationen auch mündlich weiterzugeben und mich dazu Diskussionen Betroffener zu stellen, an vielen Orten (bisweilen damals auch in Dorfwirtshäusern) der Steiermark. Die dabei erlangte „Bodenhaftung“ und notwendige Verständlichkeit für möglichst alle fachlich Berührten – große wie mittlere oder kleine Unternehmen – sowie der diesbezügliche Ruf hat mir bereits in jungen Jahren (1977/78) das Angebot des vor LexisNexis langjährigen Grazer Verlegers meines letztlichen Standardwerks eingebracht, das mittlerweile, immer aktuell gehalten, deutlich über 40 Jahre erfolgreich am Markt ist.
…und dieses Wissen haben Sie mit an die Universität Wien genommen. Sind Praxis und Wissenschaft aus Ihrer Sicht vereinbar?
Die Erfahrungen aus der Wirtschaftskammer und als Autor haben mir nach der Habilitation für Arbeitsrecht und Grundzüge des Sozialrechts auch bei der fast dreißigjährigen Lehrtätigkeit an der Universität Wien geholfen, vor allem bei den jeweiligen Arbeitsrechtsübungen, in denen ich zur besseren Verständlichkeit immer auch auf die zahlenmäßige Umsetzung von Arbeitsrecht in Geld-Wert gelegt habe, was viele Studierende sehr schätzten. Die u.a. darin zum Ausdruck kommende starke Verbundenheit von Theorie und Praxis lebe ich, ohne die fachliche Verankerung und Weiterentwicklung in der Theorie zu vernachlässigen (siehe meine Gesetzeskommentare und zahlreichen Beiträge in der Fachliteratur), im Übrigen stark bei meinen nach wie vor zahlreichen Vorträgen und Seminaren außerhalb der Universität, aber seit beachtlicher Zeit auch im Rahmen der RdW-Herausgeberschaft für den Arbeitsrechtsrechtsbereich dieser alle wirtschaftswichtigen Rechtsbereiche umfassenden LexisNexis-Fachzeitschrift.
Was ist eine besondere Errungenschaft, auf die Sie sehr stolz sind?
Dass ich mir, so das vielfache Feedback, durch diese Verankerung in Praxis und Theorie mit viel Arbeit und Fleiß besonderes Standing im Arbeitsrecht erarbeiten konnte.
Dies obwohl ich eigentlich nie Jurist werden wollte, weil ich die Bundeslehrerbildungsanstalt absolvierte, damit mein Weg als zumindest Volksschullehrer vorgezeichnet war, ich eher an Psychologie, Soziologie und Sprachen Interesse hatte und von der Juristerei gar nichts hielt, da ich der irrigen Meinung war, also dem Vorurteil anhing, die Juristen würden keine besonderen Fähigkeiten benötigen, weil sie bloß in den vielen Paragrafen nachsehen müssten und dort das jeweilige Ergebnis leicht auffindbar wäre. Dass gerade dies und meine Schlussfolgerung der Langweiligkeit nicht stimmt und vielfach hohe Interpretationskunst gefordert ist, weiß ich mittlerweile.
Ich bin dem Schicksal dankbar, dass es mich durch Eindrücke und Erfahrungen im Zuge eines durch Stipendien ermöglichten einjährigen College-Studiums im Süden der USA schon während dieses Auslandsaufenthaltes zur Entscheidung veranlasste, daheim doch Jus bzw. Rechtswissenschaften zu studieren. Zum Beispiel durch einen bestens verständlichen und hochinteressanten Geschichts- und Staatsrechtsprofessor, aber auch durch Kontakte mit Anwälten und Richtern.
Vor allem war es die über diesen Professor aus dem Grundrechtskatalog der USA durch seine Beispiele und Judikate gewonnene Erkenntnis, wie auslegungsbedürftig Gesetze sind, insofern also hohe Chancen und Risiken bestehen und welche hohe Bedeutung daher die qualitätsvolle Auslegung für die Gesellschaft und das Leben hat. Diese Entscheidung, dazu auch selbst beitragen zu können, habe ich nie bereut.
Auf Umwegen und anderer Ebene bin ich aber auch meiner ursprünglichen Berufung als Lehrer durch meine 30 Jahre Lehrtätigkeit an der Universität Wien und darüber hinaus in den Wintersemestern noch an der Technischen Universität Graz und der Montanuniversität Leoben treu geblieben.
Und warum ist Ihr Spezialgebiet gerade das Arbeits- und Sozialversicherungsrecht geworden?
Für Arbeits- und Sozialrecht habe ich mich von vornherein deshalb entschieden, weil es um äußerst lebensnahe Rechtsbereiche mit Auswirkungen für sehr viele – Arbeitgeber wie Arbeitnehmer – geht. Als Kind und Vollwaise erlebte ich Funktionen und Bedeutung unseres Sozialsystems samt dessen Stärken und Schwächen am eigenen Leib, in meiner späteren beruflichen Tätigkeit konnte und kann ich vielen helfen, noch mehr im ständig gestiegenen „Dickicht“ des Arbeitsrechts.
Vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Werke von Professor Schrank, inklusive des neuen „Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, Ausgabe 2020“ (nun auch im Abo) finden Sie hier:
https://shop.lexisnexis.at/arbeitsrecht-und-sozialversicherungsrecht-2020-9783700776703.html
https://shop.lexisnexis.at/arbeitsrecht-und-sozialversicherungsrecht-9783700774297.html
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