Das vor Kurzem im Verlag LexisNexis erschienene Werk „Kommentar zum Glücksspielgesetz – mit ausgewählten Fragen des Wettenrechts“ bietet eine praxisorientierte Kommentierung dieses umfassenden Themenkomplexes und liefert Jurist:innen, die in Wissenschaft und Praxis mit dem Thema befasst sind, einen kompakten Überblick über die Rechtsmaterie. Wir haben die Herausgeberin des vielversprechenden Werkes, Dr. Raffaela Zillner, LL.M. um ein kurzes Interview gebeten.
Frau Dr. Zillner, fast zehn Jahre sind seit der letzten Auflage des Glücksspielgesetzkommentars vergangen. Wieso ist es für Sie ein Anliegen dieses gerade jetzt neu aufzulegen?
In den letzten zehn Jahren – also seit dem Erscheinen eines letzten vollständigen Glücksspielgesetzkommentars in Österreich – ist viel passiert: Lizenzen für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten wurden erteilt und (verwaltungs-)gerichtlich bekämpft, Spielbankenlizenzen mussten nach der bahnbrechenden EuGH-Entscheidung Engelmann neu ausgeschrieben werden und die Vergabe von drei Einzel-Spielbankenkonzessionen scheiterte. Außerdem wurde Poker gesetzlich den Spielbanken vorbehalten und die Mehrheitsanteile am Monopolisten an ausländische Investoren verkauft. In Verbindung mit zahlreichen Gerichtsentscheidungen, die sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene ergangen sind, war es einfach an der Zeit, sich dem Thema erneut zu widmen.
Die geplante Glücksspielnovelle wurde ja kürzlich immer wieder medial aufgegriffen. Dabei ist das Thema höchst brisant. Hat das Glücksspiel und dessen Regulierung an Bedeutung zugenommen?
Glücksspiel stand in den letzten Monaten aus vielerlei Gründen im Fokus des medialen Interesses. Umso mehr sollte die angekündigte Novelle genutzt werden, um Transparenz und noch mehr Spielerschutz sicherzustellen. Die geplante unabhängige Glücksspielbehörde ist dabei aus meiner Sicht ein guter erster Schritt. Aber auch regulatorisch gewinnt das Thema – gerade wegen der europarechtliche Bezugspunkte – immer mehr an Bedeutung. Österreich gilt als dasjenige EU-Mitglied, dessen Gerichte die meisten Vorlagefragen im Bereich Glücksspiel an den EuGH herangetragen haben.
Glücksspiel ist auf EU-Ebene nach wie vor nicht einheitlich geregelt. Gibt es dennoch klare Tendenzen hinsichtlich der Regulierung in Europa (und welche Konsequenzen bzw. Herausforderung bringt das für Österreich)?
Bei der Glücksspielregulierung ist eine Harmonisierung aktuell nicht in Sicht. Das führt dazu, dass die Regelungsbefugnis für Glücksspiel und Wetten vorerst in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten verbleibt und sich weiterhin am EU-Primärrecht (hier insb an der EU-Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit) messen muss. Betrachtet man die aktuelle Situation in Europa, so ist eine klare Tendenz zu erkennen, im Bereich der stationären Lotterien Exklusivrechte zu halten – handelt es sich dabei doch um eine wesentliche Einnahmequelle des Staates. Im Unterschied dazu werden hingegen im stark wachsenden Online-Bereich sukzessive offene Lizenzmodelle eingeführt, bei denen die Lizenzen nicht mengenmäßig begrenzt, sondern an die Einhaltung hoher qualitativer Kriterien geknüpft sind. Eine Vorgangsweise, die sich ausgesprochen bewährt hat.
Was macht dieses Rechtsgebiet aus Ihrer Sicht besonders spannend?
Das Glücksspiel-und Wettenrecht ist eine rechtlich herausfordernde (Querschnitts-)Materie an der Schnittstelle zum EU-Recht. Auch gesellschaftspolitisch handelt es sich um einen sensiblen Bereich, der aber zugleich viel Wertschöpfung nach Österreich bringt und daher ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist (man denke zB an Steuern, Sponsoring, Werbeleistungen, Jobs…). Besonderer Schwerpunkt wurde im Kommentar auch auf das Thema „Gewinnspiele und Preisausschreiben“ gelegt. Trotz ihrer wesentlichen Bedeutung für Unternehmen (va in Anbetracht der notwendigen Abgrenzung von Gewinnspielen gegenüber konzessionspflichtigen Glücksspielen), hat dieses Thema in Österreich bisher noch keine umfassende Behandlung erfahren.
Expert:innen aus dem staatlichen sowie aus dem privaten Sektor haben sich den verschiedenen Aspekten des österreichischen Glücksspielrechts in diesem Kommentar gewidmet. Welche besonderen Herausforderungen galt es bei der Entstehung des Kommentars zu bewältigen?
Als Herausgeberin war es mir wichtig, das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu bearbeiten. Nicht nur, weil es sich beim Glücksspiel um eine Querschnittsmaterie handelt, sondern auch, weil auch das EU-Recht und insb die Judikatur des EuGH dieses Rechtsgebiet wie kaum ein anderes beeinflusst. Deshalb bin ich besonders dankbar dafür, eine Vielzahl führender Expert:innen für das vorliegende Werk gewonnen zu haben.
Zu guter Letzt – was zeichnet den neuen Glückspiel-Kommentar aus, wer sollte ihn lesen und warum darf er in keiner Handbibliothek fehlen?
Der Kommentar richtet sich an Jurist:innen, die mit den Themen „Glücksspiel und Sportwetten“ zu tun haben. Einerseits sind das natürlich Richter:innen und Anwälte und Anwältinnen, aber auch Rechtsabteilungen von Unternehmen, Professor:innenen, Beamte und Beatimmen (rechtskundige) Politiker:innen. Durch den besonderen (steuer-)rechtlichen Schwerpunkt auf „Gewinnspiele und Preisausschreiben“, darf der Kommentar auch in keinem Unternehmen fehlen, das regelmäßig Gewinnspiele und Preisausschreiben durchführt. Ziel des Kommentars ist es, dem Leser und der Leserin nicht nur einen kompakten Überblick über die Rechtsmaterie zu geben und über den Einzelfall hinausgehende wissenschaftliche Lösungsansätze anzubieten, sondern auch von der (Praxis-)Erfahrung der verschiedenen Autor:innen profitieren zu können.
Vielen Dank für das Gespräch!
Dr. Raffaela Zillner, LL.M. ist ausgebildete Rechtsanwältin mit langjähriger Erfahrung im Glücksspiel- und Sportwettenrecht. Neben ihrer Dissertation zum Thema „Kompetenztatbestände im Glücksspiel- und Wettenrecht“ hat sie zudem den Universitätslehrgang Informations- und Medienrecht mit Schwerpunkt Datenschutzrecht absolviert und ist derzeit Generalsekretärin der Österreichischen Vereinigung für Wetten und Glücksspiel.