Herausgeber-Interview zum aktuellen Kommentar „Hinzurechnungsbesteuerung und Methodenwechsel“
Das soeben im Verlag LexisNexis erschienene Werk „Hinzurechnungsbesteuerung und Methodenwechsel“ bietet eine umfassende Kommentierung der Neuregelung des § 10a KStG samt einschlägiger Querschnittsmaterien. Aus diesem Anlass haben wir das aus StB Assoz. Univ.-Prof. Dr. Sebastian Bergmann, LL.M. MBA, RA MMag. Dr. Lars Gläser, StB Dr. Erik Pinetz und RAA/StB Mag. Philipp Stanek bestehende Herausgeberteam um ein kurzes Interview gebeten.
Hinzurechnungsbesteuerung und Methodenwechsel… klingt abstrakt, worum geht es?
Die Neuregelung des § 10a KStG soll der Verschiebung steuerpflichtiger Passiveinkünfte in das niedrigbesteuerte Ausland entgegenwirken. Während die Einkünfte der ausländischen Körperschaft nunmehr auf Basis der neuen „Hinzurechnungsbesteuerung“ unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar im Jahr deren Entstehung in Österreich besteuert werden können, hatte sich der österreichische Gesetzgeber historisch immer gegen eine solche Besteuerung entschieden und statt dessen erst die zukünftigen Ausschüttungen im Rahmen des Methodenwechsels besteuert. Aufgrund der unionsrechtlichen Vorgabe der Anti-Tax-Avoidance-Directive war Österreich nunmehr allerdings gezwungen, entsprechende Regelungen umzusetzen und das Arsenal der Finanzverwaltung zur Bekämpfung von Steuerverschiebungen in Niedrigsteuerländer zu erweitern.
Was sind die Herausforderungen an die Praxis?
Die Praxis ist im Zusammenhang mit dem neuen § 10a KStG mit vielen – durchaus herausfordernden – juristischen Fragestellungen konfrontiert. Dies betrifft natürlich insbesondere die neuen Bestimmungen zur Hinzurechnungsbesteuerung. Es handelt sich dabei um eine umfassende und komplexe Regelungsthematik, bei der auch dem Gesetzgeber wenig Erfahrungswerte zukommen. Dies zeigt sich etwa an der weitgehenden Möglichkeit, Detailbereiche im Verordnungsweg näher zu regeln. Aber auch der bekannte Methodenwechsel wurde in modifizierter Form beibehalten. Damit stellen sich auch neue Auslegungsfragen. Weiters gilt es für die Rechtsanwender in diesem Zusammenhang insbesondere die Vermeidung von Doppelbesteuerungen sicherzustellen. Nicht zu vernachlässigen sind neben den juristischen Auslegungsfragen auch neue Fragen in der praktischen Abwicklung und Durchführung der Regelungen. Schließlich gestalten sich gerade grenzüberschreitende Sachverhalte, und nur solche sind von der Neuregelung betroffen, in der praktischen Abwicklung oft tückenhaft. Es ergeben sich zahlreiche Problemfelder etwa bei der Informationsbeschaffung und der praktischen Verknüpfung verschiedener Steuersysteme.
Wie setzt sich das Autorenteam zusammen?
Sämtliche Autorinnen und Autoren sind in der Praxis tätig, zeigen aber gleichermaßen einen wissenschaftlichen Hintergrund. Vor diesem Hintergrund hoffen wir, mit dem neuen Kommentar sowohl praktischen als auch wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden.
Worauf hat das Autorenteam besonderen Fokus gelegt?
Wir vor allem darauf bedacht, die Neuregelung umfassend und systematisch in Form eines Kommentars aufzuarbeiten. Darüber hinaus sollten in eigenen Kapiteln die unionsrechtlichen Grundlagen sowie Querschnittsmaterien, wie beispielsweise das hochkomplexe Zusammenspiel mit inländischen und ausländischen Umgründungen oder die verfahrensrechtliche Aspekte, dargestellt werden. Dabei war das Ziel, insbesondere Praktikern eine möglichst umfassende Auslegungshilfe an die Hand zu geben.
Worin liegen diese Herausforderungen – müssen aufgrund der neuen Hinzurechnungsbesteuerung bisherige Unternehmensstrukturen überdacht werden?
Dies kann nicht pauschal gesagt werden, aber gerade in den ersten Jahren Regelung wird es eine der zentralen Fragen sein, ob eine konkrete Unternehmensstruktur aufgrund der neuen Hinzurechnungsbesteuerung verändert werden soll oder muss. Das Werk bietet dabei in den zentralen Bereichen detaillierte Ausführen, wann etwa der Substanznachweis erfüllt ist und somit die Hinzurechnungsbesteuerung nicht zur Anwendung kommt. Für den Rechtsanwender wird der Verweis auf die entsprechenden Ausführungen in der Literatur dabei von großem Wert sein, um dokumentieren zu können, weshalb bei einer bestimmten ausländischen Gesellschaft beispielsweise die Hinzurechnungsbesteuerung nicht zur Anwendung kommt.
Besteht immer noch Unklarheit über wesentliche Elemente der Hinzurechnungsbesteuerung?
Wir würden meinen, dass auf Basis der Erfahrungswerte in anderen Ländern und insbesondere in Deutschland, die in das Werk auch umfassend eingeflossen sind, in den meisten wesentlichen Bereichen der Hinzurechnungsbesteuerung die Eckpfeiler eingeschlagen wurden. Aber natürlich wird die praktische Auseinandersetzung mit der Regelung in der Zukunft und die Fülle an Fallkonstellationen zu Auslegungsfragen führen, die früher oder später von den Gerichten zu entscheiden sein werden. Damit wird sich auch der Bereich der gefestigten Elemente der Regelung erhöhen.
Assoz. Univ.-Prof. Dr. Sebastian Bergmann, LL.M. MBA lehrt und forscht am Institut für Finanzrecht, Steuerrecht und Steuerpolitik der Johannes Kepler Universität Linz und ist Steuerberater in Wien.
RA MMag. Dr. Lars Gläser ist Gründer der international tätigen Rechtsanwaltskanzlei GLAESER LAW mit Spezialisierung im Bereich des österreichischen und internationalen Steuerrechts einschließlich Steuerverfahrensrecht und internationaler Streitbeilegung.
Mag. Philipp Stanek, MBL ist Rechtsanwaltsanwärter und Steuerberater bei Baker & McKenzie in Wien, spezialisiert auf Umgründungen, Mergers & Acquisitions, Konzernsteuerrecht und internationales Steuerrecht.
Dr. Erik Pinetz, LL.M., MSc. ist Rechtsanwaltsanwärter bei Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH und Steuerberater sowie Lehrbeauftragter am Institut für Österreichisches und Internationales Steuerrecht an der WU Wien.