„Der Görg“ ist da! Autoren-Interview zum neuen UWG-Kommentar
Herr Dr. Mathias Görg, Sie sind Rechtsanwalt und Gründungspartner einer Wirtschaftskanzlei und Autor eines 1900 Seiten Kommentars – eine außergewöhnliche Kombination. Wie kam es dazu?
Zumindest was den Umfang betrifft, stimmt das auf alle Fälle. Ursprünglich wollte ich eigentlich viel weniger schreiben. Es war mir dann allerdings ziemlich bald klar: Wirklich Spaß machen würde das Ganze nur, wenn ich mehr in die Tiefe gehe. Man kann wohl in meinem Fall auch von einer gewissen Rastlosigkeit in akademischer Hinsicht sprechen. Neben meinem „Brotberuf“ als Anwalt hat sich das natürlich nicht ganz einfach gestaltet, aber ich war selbst erstaunt, mit wie wenig Schlaf man auch langfristig auskommt, wenn man seinen Rhythmus hat (die Ringe unter den Augen hatte ich ja schon davor).
Haben Sie jemals an der Fertigstellung gezweifelt?
Der Point of no Return war für mich recht schnell erreicht. Immerhin gab es aber einmal eine kurze Phase, in der ich mich nach einem oder zwei Co-Autoren umgesehen habe, aber mitnichten im Sinne einer conditio sine qua non. Wie man sieht, wurde daraus nichts, worüber ich in Wahrheit schon damals nicht allzu unglücklich war.
Warum sollte der Kommentar in keiner juristischen Handbibliothek fehlen?
Nun, da wäre natürlich zunächst einmal die Tatsache, dass das Lauterkeitsrecht die juristische Königsdisziplin schlechthin ist … aber ganz im Ernst: Beim UWG den Überblick zu behalten, ist nicht einfach, weshalb ich großen Wert auf eine möglichst systematische und leicht verdauliche Darstellung gelegt habe. Dazu gehört für mich auch eine realistische Abwägung, welche Themen für den Praktiker besonders relevant sind und welche nicht so sehr. Außerdem habe ich mich ehrlich gesagt schon immer ein bisschen gewundert, weshalb im hiesigen Schrifttum den einschlägigen Entscheidungen und Literaturstimmen aus Deutschland nicht mehr Platz eingeräumt wird – heutzutage kommt ja kaum noch ein ernsthaft geführter Lauterkeitsprozess ohne diesen grenzüberschreitenden Horizont aus. Besonders gefreut hat mich klarerweise, dass sich die Anfragen von Mandanten und befreundeten Kollegen in aller Regel schon anhand des Manuskripts beantworten ließen.
Das Wettbewerbsrecht ist Ihr berufliches Steckenpferd. Was macht dieses Rechtsgebiet aus Ihrer Sicht besonders spannend?
Wettbewerb ist ja ohnehin geradezu ein Synonym für Spannung. Der starke betriebswirtschaftliche, zum Teil aber auch makroökonomische Bezug des UWG stellt natürlich den Juristen vor besondere Herausforderungen, hat aber auch seinen ganz eigenen Reiz. Dogmatisch sorgt die Europäisierung des Lauterkeitsrechts für eine enorme Dynamik, die von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes laufend befeuert wird. Rein aus prozessualer Sicht kommt mir hier als erstes das Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen in den Sinn, das mit seinen Eigenheiten selbst dem gewieften Praktiker mitunter die Schweißperlen auf die Stirn treiben kann.
Wer sollte sich vor dem UWG besonders in Acht nehmen?
Die Frage sollte eher lauten: wer nicht? Nach meiner Erfahrung werden nämlich durchaus auch kleinere und sogar Ein-Personen-Unternehmen häufig wegen behaupteter UWG-Verstöße abgemahnt, wobei solche Fälle natürlich weniger oft vor Gericht landen. Was sich noch kaum herumgesprochen haben dürfte: Spätestens 2022 bekommen wir aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben auch im Lauterkeitsrecht ein Geldbußensystem, das womöglich demjenigen der DSGVO ähneln wird. Über alldem schwebt als Damoklesschwert die nach wie vor ungeklärte Frage, ob neben Unternehmern auch Verbraucher nach dem UWG klagen können.
Die Top 3 Regeln des Lauterkeitsrechts, die jeder Geschäftsführer kennen sollte?
Zu den gefährlichsten Fallstricken, die sich im Zusammenhang mit dem UWG ergeben können, gehören aus meiner Sicht: 1. die Abgabe einer Unterlassungserklärung samt Vertragsstrafe für jeden einzelnen Verstoß, da man hier einen Multiplikatoreffekt riskiert; 2. die Erwirkung einer besonders schadensträchtigen, aber nicht „wasserdichten“ einstweiligen Verfügung, weil bei deren nachträglicher Aufhebung eine verschuldensunabhängige Haftung besteht; 3. eine pro forma erfolgte Bestreitung der Rechtswidrigkeit, wenn man sich gleichzeitig auf das Vorliegen eines bloßen Einzelfalls beruft, denn so kann typischerweise die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.
Das Projekt UWG Kommentar ist (vorerst) abgeschlossen – was machen Sie in Ihrer neu gewonnenen Zeit?
Entgegen manchen Vorhersagen bin ich in kein Loch gefallen. Beruflich bin ich gut ausgelastet, aber natürlich ergeben sich jetzt mehr Spielräume. Ich stehe vielleicht nicht mehr ganz so zeitig auf, halte es aber nach wie vor mit dem frühen Vogel und dem Wurm. Man sollte übrigens auch den Suchtfaktor des Schreibens nicht unterschätzen: Von der geplanten zweiten Auflage des Kommentars zum UWG einmal ganz abgesehen habe ich da schon ein, zwei Ideen …
Das brandaktuelle Werk ist in unserem Shop https://shop.lexisnexis.at/kommentar-zum-uwg-9783700768371.html und beim Buchhändler Ihres Vertrauens ab sofort verfügbar!