Ein echter LexisNexis-Klassiker aus der Rubrik „Rechtspraxis“ ist kürzlich in Neuauflage erschienen: Die Berufung in der ZPO.
LexisNexis hat die Spezialist:innen im Zivilrecht, Dr. Konstantin Pochmarski und Mag.a Christina Kober von KPK Rechtsanwälte, zum Interview gebeten.
Das Buch hat eine interessante Entstehungsgeschichte – wie kam es denn zum ersten Manuskript (und wie hat sich das Werk später weiterentwickelt)?
Pochmarksi: Die ursprünglichen Autoren Christoph Lichtenberg und ich waren 2001/2002 junge Richter und für die ZPO interessiert und begeistert. Zu Berufung und Berufungsverfahren gab es damals ein paar verstreute Aufsätze und die gängigen Lehrbücher und Kommentare. Wir beide haben aus Freude einfach das Buchprojekt „Berufung in der ZPO“ für uns geboren.
Kober: Nach mehreren Jahren in denen ich das Buch selbst als Studentin und später als Konzipientin bloß gelesen und verwendet habe, ergab sich die Möglichkeit, gemeinsam mit Alfred Tanczos selbst daran mitzuarbeiten. Inzwischen ist die 4. Auflage auf fast 300 Seiten angewachsen.
Auch viele Jahre später ist der Bedarf an Anleitungen zum Verfassen einer korrekten Berufung noch immer ungetrübt. Wie man sieht, ist dieser Schriftsatz durchaus so komplex, dass er ein Buch füllt.
Was ist
a.) ein besonders wichtiger Praxistipp
Pochmarski: Der wichtigste Tipp ist aus unserer Sicht ist, jede Berufung mit der Verfassung der „Rechtsrüge“ zu beginnen. Dies ist der Berufungsgrund mit generell der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit und der Chance zum Prozesserfolg. Darum muss die vorhandene Zeit, Argumentationskraft und Gedankenarbeit primär darauf aufgewendet werden.
und b.) ein grober „Schnitzer“ ?
Kober: Der häufigste „Schnitzer“ ist erfahrungsgemäß, dass aus „Tatsachenrüge“ und „Mängelrüge“ ein Wunschsachverhalt auch der „Rechtsrüge“ zugrunde gelegt wird. Wenn damit die „Rechtsrüge“ in der Berufung „nicht gesetzmäßig“ ausgeführt ist, führt dies zum Misserfolg im Berufungsverfahren und kann auch in der Revision nicht saniert werden.
Gibt es denn auch bei den Autor:innen des Werks noch Fälle, in denen man zur Berufung recherchiert?
Pochmarski: Es gibt immer wieder Fälle, bei denen man recherchiert. Das wichtige an der Berufung ist aber nicht Präsenzwissen, Formeln oder Auswendiggelerntes, sondern die Systematik der Berufungsgründe und deren Abgrenzung voneinander einmal durchdacht und verstanden zu haben.
Kober: Ein besonderer Wert der Beschäftigung mit der Berufung liegt in der Rückkoppelung dazu, wie als Parteienvertreter:in schon das Verfahren 1. Instanz richtigerweise geführt wird.
In den letzten beiden Jahren gab es aufgrund der Covid-Maßnahmen zahlreiche Änderungen in der Interaktion im Zivilprozess und auch mit Mandant:innen. Was davon ist aus Ihrer Sicht „gekommen um zu bleiben“?
Pochmarski: Ich glaube, dass die Videoverhandlung in vielen Fällen ohne entscheidenden Qualitätsverlust den Zeug:innen, Parteien und Parteienvertreter:innen den Zugang zu Gericht erleichtert. Es ist in Zeiten des Klimawandels und hoher Spritpreise nicht zu rechtfertigen, wenn Zeug:innen für die Beantwortung weniger Fragen quer durch Österreich reisen müssen. Entscheidend wird hier für die Nutzung durch das Gericht sein, dass die Justizverwaltung für Richter:innen die technische Möglichkeit leicht zugänglich macht, damit die uneingeschränkte Wahl vorhanden ist, Parteien und Zeug:innen unmittelbar vorzuladen oder gleich per Videokonferenz einzuvernehmen.