2020 – erste Begegnungen mit dem Schicksal*. Und ein Geburtstag.
Interview mit dem Vizepräsidenten des OGH Univ.-Prof. Dr. Matthias Neumayr und Mitherausgeber der „Zak – Zivilrecht aktuell“ über Ungewissheit und Kontinuität
Herr Dr. Neumayr, im Herbst 2020 gibt es für Expertinnen und Experten im Zivilrecht gleich mehrfach Anlass zur Freude – die Zak feiert ihr 15-jähriges Jubiläum, der ABGB-Taschenkommentar erscheint in bereits 5. Auflage und die Kommentierung zum Internationalen Zivilverfahrensrecht wird in Buchform neu aufgelegt. Was sind aus Ihrer Sicht wichtige aktuelle Neuerungen im Zivil[verfahrens]recht?
Matthias Neumayr: Das Justizministerium hat sich während der Zeit der Übergangsregierung – als das politische Leben doch eher reduziert war – darauf konzentriert, langfristige Projekte zu behandeln, etwa im Familienrecht auf die Reform des Kindesunterhaltsrechts und des Unterhaltsvorschussrechts. Auch eine Grundrevision des Exekutionsrechts ist in Arbeit. Auf europäischer Ebene ist es etwas ruhiger geworden: 2022 löst im internationalen Familienrecht die Brüssel IIb-Verordnung die Brüssel IIa-Verordnung ab. Und bis 2022 muss auch die neue EU-Richtlinie für Sammelklagen in das nationale Recht umgesetzt werden.
Seit 15 Jahren steht die Zak für aktuelle und prägnante Information. Worauf sind Sie besonders stolz? Ich freue mich besonders darüber, dass die Zak eine konstruktive und positive Grundstimmung vermittelt. Das zeigt sich auch darin, dass das Team, das vor 15 Jahren sozusagen an der Wiege stand, gleich geblieben ist: Mag. Kolmasch, von dem die Idee für die Zak stammt und der nach wie vor die Aufbereitung der Entscheidungen und die Judikaturübersichten betreut, dann Kollege Kodek und ich als Herausgeber und natürlich auch die Redaktionsassistenz. Wir arbeiten sehr konstruktiv und meist auch schnell zusammen – das muss ich als Ungeduldiger besonders hervorstreichen.
2020 ist neben vielen zeitintensiven Projekten ein besonders herausforderndes Jahr für uns alle. Gibt es aus Ihrer Sicht auch positive Aspekte in dieser Zeit?
Es ist interessant zu sehen, wie wir uns alle wieder an die Ungewissheit gewöhnen müssen. *Paulus Hochgatterer hat von der „ersten Begegnung mit dem Schicksal“ gesprochen. Die Ungewissheit hat die Menschheit durch Jahrtausende begleitet, und in den letzten Jahrzehnten wähnten wir uns in einem Zeitalter der Sicherheit und Planbarkeit. Wir müssen jetzt wieder mehr Flexibilität lernen – das ist nicht immer einfach. Und mich freut auch, dass wir in der vernetzten Welt wieder mehr erkennen, wie wichtig die Regionalität ist. Um nicht missverstanden zu werden: Ich freue mich auch wieder auf internationale Treffen!
Vielen Dank für das Gespräch!